Bubbles & Netzwerkanalyse


Die Netzwerkanalyse


Die Netwerkanalyse ist eine Möglichkeit um Netzwerkbeziehungen im sozialen Umfeld einer Person zu visualisieren. Dies kann auf verschiedene Arten umgesetzt werden. In Fall der gelebten Mehrsprachigkeit haben wir uns für Bubbles entschieden. Bubbles sind Blasen, die zueinander in Verbindung gesetzt, für die Sprachkontakte im Alltag zu gewissen Personen und Personengruppen stehen. Die Person selbst wird in der Netzwerkanalyse als EGO bezeichnet und von ihr aus, wird ein Netzwerk erstellt. Für unsere vier ForschungspartnerInnen Anna, Isabella, Mario und Greta haben wir entschieden, nach Menschen im engen Umfeld und im alltäglichen Interaktionsrahmen zu fragen. So entschieden wir uns für Familie, die Wahlsprache, Freundschaften und das berufliche und erweiterte Soziale und institutionelle Umfeld. Zusammen mit Interviews erhalten wir ForscherInnen durch die Netzwerkanalyse die Möglichkeit, mit den ForschungspartnerInnen gemeinsam den sprachlichen Alltag in BKS BKS/deutsch und deutsch zu eruieren.

 

Analyse & Ergebnisse


Forschungspartnerin Anna

Anna wurde gebeten an ihre Gespräche mit den Personen und Personengruppen zu denken, gemeinsam mit den Forschenden zu re-konstruieren. Die Bubbles zeigen, in blau die Gespräche in BKS, in grün Überlappungen zwischen BKS/Deutsch, wie etwa Mixing oder Switching und in weiß Deutsch.Bei Anna, die in Wien lebt, sind die privaten Kontakte sprachlich BKS-geladen. Gespräche mit Eltern und der Schwiegerfamilie finden auf BKS statt. Mit Geschwistern und Freunden finden sich Überlappungen in den Sprachen. Die nachfolgende in Österreich geborene Generation an Nichten und Neffen beherrscht BKS und Deutsch, hier werden die Sprachen als gleichwertig betrachtet und so gibt es Gespräche auch in beiden Sprachen. BKS vor allem dann, wenn auch andere BKS-sprechende Familienmitglieder anwesend sind und damit die Kinder bewusst zweisprachig erzogen werden können. Im institutionellen Kontext ist Deutsch vorherrschend, Deutsch ist hier auch das Mittel um Zugang zu Wissen und Bildung zu erlangen. Spezifische Kenntnisse sind oft nur in Deutsch vorhanden. In ihrem Beruf als Apothekerin sieht Anna BKS als zusätzliche Hilfe an, um KundInnen, die wenig Deutsch sprechen in BKS beraten zu können. Ihre Wahlsprache, wie ihre Heimat sieht Anna, auf Nachfrage in Österreich.

Forschungspartnerin Isabella

Isabella rekonstruierte im Interview ihre sprachlichen täglichen Kontakte mit Familienangehörigen, Freunden, in der Arbeit und mit Institutionen. BKS in blau, Mixformen in grün und Deutsch in weiß, zeigen die Ein-schätzung des sprachlichen Alltags von Isabella.

Die Bubbles der Netzwerkanalyse machen die sprachliche Aufladung der sozialen Felder sichtbar und lassen sich mit der Biografie, den Interviews und dem Sprachenportrait in Verbindung bringen. Neben einer Verbindung mit den personenbezogenen Daten, lassen sich die Bubbles von Isabella auch mit denen unserer anderen ForschungspartnerInnen in Verbindung bringen. Bei Isabella ist der Bereich der Institutionen, der Arbeit und alltäglicher Erledigungen stark mit Deutsch verbunden. Mit den eigenen Eltern und der Schwiegerfamilie wird hauptsächlich BKS gesprochen, ebenso mit dem Partner. Geschwister, Freunde und die eigenen Nachkommen stechen durch den großen Anteil an Mixing und Code-Switching heraus. Isabella selbst nennt selbst, dass dieser Bereich eine große Rolle in ihrem sprachlichen Repertoire spielt. Isabella sieht sich und die Geschwister als gute Deutsch-SprecherInnen an, was ihrer Wahlsprache Deutsch entspricht. Für Isabella ist es dennoch sehr wichtig, dass ihre eigenen Nachkommen ihre Muttersprache BKS sprechen können, sie sieht zusätzliche Sprachkenntnisse als wichtiges zusätzliches Wissen an, wohl auch, um innerhalb der Familie kommunizieren zu können, dennoch wird deutlich, dass die Wahl des Lebensmittelpunktes Einflüsse auf die Benutzung einer Sprache hat. Auch im Zusammenhang mit ihrem Beruf, in dem nach Isabellas Auskunft sogar Begriffe in BKS fehlen würden, weil sie ihre Ausbildung auf Deutsch in Österreich gemacht hat und es ihr mitunter sogar schwer fällt, einen Kunden, eine Kundin in BKS zu beraten.

 

Forschungspartner Mario

Mario kam im Schulalter nach Österreich und lernte nach eigener Auskunft sehr schnell und einfach Deutsch. Danach kehrt er mit seiner Familie, die gegen Kriegsende aus Bosnien und Herzegowina geflüchtet war, zurück. Er ent-scheidet sich später, in Wien zu studieren und kehrt nach Österreich zurück. Mario sieht die bereits vorhandenen Deutschkenntnisse, die er sich behalten konnte als großen Vorteil, gegenüber anderen BKS-SprecherInnen, die nach Wien kamen und noch keine oder wenige Sprachkenntnisse haben oder hatten. Wie auch bei Anna und Isabella wird der Zugang zu Bildung und Wissen angesprochen und im Zusammenhang damit Deutsch als wichtig und notwendig angesehen. So deuten auch die Bubbles für Arbeit, Institutionen und alltägliche Erledigungen darauf hin. Der Bereich des Studiums fällt da im ersten Blick etwas heraus. Ein großer Bereich beinhaltet vor allem Mixing und bezieht sich auf StudienkollegInnen und Studienkontakte. Geheiratet hat Mario eine Bosnierin, sodass sich die sprachliche Aufladung seiner familiären Kontakte auch in diese Richtung verlagert haben. Nach eigenen Angaben versucht Mario Mixing und Switching zu vermeiden, da er es selbst mit Sprachverlust assoziiert und dies als negativ erachtet. Die wichtige Sprache für Mario ist BKS, die er sich in seinem Leben zu erhalten versucht, im Freundeskreis, in dem er hauptsächlich mit den BKS-Sprachigen Freunden Zeit verbringt, mit den familiären Kontakten und der restlichen Familie, in der auch versucht wird, mit der nachfolgenden Generation viel BKS zu sprechen. Arbeit, Wissenserwerb, Ausbildung und alltägliche Erledigungen sind Deutsch aufgeladen, deswegen erachtet er das Sprechenkönnen als besonders wichtig, um Zugang zu haben.

Forschungspartnerin Greta

Mit Greta wurden die alltäglichen Sprach-kontakte narrativ aufgearbeitet. Über die Transkription der Passagen und mit Notizblock und Stift wurden die Personen-Sprach-Blasen gemeinsam mit Greta erstellt. Wie Greta sich also selbst inmitten von BKS-Mix-Deutsch einordnet konnte im Nachhinein aus dem Gesprächsverlauf und in einer zweiten nicht aufgenommenen Sitz-ung verifiziert werden. Die sprach-lichen Kontakte von Greta sind unterschiedlich aufgeladen. Beson-ders die institutionelle und berufliche Kommunikation findet, bis auf die Gespräche mit der Botschaft, ausschließlich auf Deutsch statt. Seien es Ämter, Arztbesuche, zu denen sie den BKS-Sprachigen Mann begleitet, ihre Erledigungen oder die Arbeit im Einzelhandel. Heraus sticht der Ehemann, der maßgeblich dafür verantwortlich ist, dass Gretas sprachlicher Alltag BKS aufgeladen ist. Mit den Geschwistern wird neben Deutsch besonders viel Mixing und Switching betrieben, was Greta selbst als sehr interessant und spaßig bezeichnet. Mit dem Vater, der so früh verstarb verbindet Greta ihre Heimat und ihre Verbindung mit der Heimatstadt. Die Mama, die seit den späten 1970er-Jahren in Wien lebt und arbeitet wird neben einer Vermischung von Begriffen vor allem über den Beruf auf Deutsch gesprochen. Mit der nächsten Generation, den Neffen und Nichten in Wien und Linz wird hauptsächlich Deutsch gesprochen, da sie Deutsch als Muttersprache sehen und nur mehr wenig BKS-sprechen, so ist vor allem mit den jüngeren Verwandten in Wien sogar die  Kommunikation zwischen ihnen und dem Ehemann nur eingeschränkt möglich, was auch für österreichische Freundschaften von Greta gilt. Unterhaltungen sind rudimentär mit Hand und Fuß und natürlich über Übersetzungen möglich, werden nicht als problematisch betrachtet, aber die fehlenden Sprachkenntnisse sind Thema und werden auch angesprochen. Freundschaften gibt es in beide Richtungen, also Personen die weder Deutsch sprechen, oder kein BKS oder die beide Sprachen in unterschiedlichen Leveln sprechen und dann in der Sprache gesprochen wird, die der jeweiligen Person besser liegt.

 

Das Interview fand in einem Kaffee in der Nähe des Arbeitsplatzes von Greta statt. Es war also gemütlich, relativ ruhig und so konnten wir ein mehrere Stunden dauerndes Interview/Gespräch führen. Die Ton-aufnahme startete inmitten der Erstellung der Bubbles für die Netzwerkanalyse. Die Aufarbeitung der sprachlichen Kontakte empfanden Greta und die Interviewerin als angenehm und so konnten sie beide die sprachliche "Aufladung" der täglichen Kontakte re-konstruieren. Greta und die  Interviewerin verbindet eine jahre lang an-dauernde enge Freundschaft, die dazu führte, dass ein großer Teil der Konversationen im Alltag wieder auf Deutsch stattfinden, da die Inter-viewerin erst beginnt, BKS durch "Learning by Doing" zu erlernen.

 

In dem hier abgebildeten Abschnitt geht es um die Bubble der Schwiegerfamilie, der nächsten in Österreich Generation der Familie und die Bubble des Ehemannes.